Interviewreihe: IH Munich x Maria & Tom (stieg‘nhaus)

Mit dem stieg’nhaus haben Maria und Tom Heidenreich im Juni 2025 ein außergewöhnliches Refugium im Salzburger Land eröffnet. Das kleine, unabhängige Hotel in Mühlbach am Hochkönig steht für „Quiet Luxury“ - feine Zurückhaltung, durchdachtes Design und höchste Qualität. Kulinarik, Architektur und Atmosphäre verbinden sich hier zu einem Erlebnis für alle Sinne. Die beiden Gastgeber - Anfang 30 und ursprünglich aus der IT-Branche - haben sich mit dem stieg’nhaus ihren Traum erfüllt und dabei nicht nur neue Maßstäbe in der Region gesetzt, sondern auch einige Hürden überwunden. Im Gespräch mit der Independent Hotel Show Munich berichten sie von ihrem Weg zum eigenen Hotel, dem Mut zur Eigenständigkeit und ihrer Vision für die Zukunft.
Erzählt uns die Geschichte hinter dem stieg’nhaus – wie ist die Idee entstanden und was macht euer Hotel so besonders?
Tom und ich sind beide Quereinsteiger und kommen ursprünglich aus Deutschland. Wir sind stets viel und gerne gereist, auch innerhalb Österreichs. Als wir 2021 auf der Wieseralm geheiratet haben, war uns klar: Wir möchten nach Österreich ziehen. Zunächst hatten wir ein Grundstück in Kärnten gekauft, wollten dort hinziehen. Wir kommen beide aus der IT-Branche und waren rund 15 Jahre bei einem großen deutschen Softwareunternehmen. 2022 wurden wir durch einen Bekannten auf Mühlbach aufmerksam – und der Ort hat uns nicht mehr losgelassen. Wir wussten: Hier wollen wir leben, hier wollen wir etwas Eigenes schaffen. Es gab einige Anläufe – ein Chalet-Projekt, das nicht zustande kam, ein Haus, das wir zu einem Hotel umbauen wollten, was ebenfalls scheiterte. Ende 2023 standen wir plötzlich mit nichts da. Aber Aufgeben war keine Option. Der Wunsch war zu groß, die investierte Zeit zu wertvoll. Und dann ergab sich in Mühlbach - innerhalb einer Woche - eine neue Möglichkeit. Wir haben ein altes Restaurant mit Apartments gekauft und das andere Objekt verkauft. Unser Konzept hatte sich über die Jahre ganz natürlich entwickelt - wir wussten genau, was wir wollten und was nicht. Im August 2024 haben wir mit dem Komplettumbau begonnen. Heute stehen dort sechs Suiten, ein Restaurant, Kosmetik- und Massagebereich, Fitness, Rooftop - eine kleine Oase mit mediterranem Flair, inspiriert von Istrien und Mallorca. Exklusiv und ganz auf Atmosphäre ausgerichtet.
Der Name stieg‘nhaus ist eher ungewöhnlich – wie ist er entstanden?
Tatsächlich hat sich der Name fast von selbst ergeben. In Österreich sagt man ja „Stiegenhaus“ zum Treppenhaus. Im April 2024 waren wir auf Mallorca, haben viel überlegt - und Tom hatte dann die Idee mit dem Namen „stieg’nhaus“ in dieser speziellen Schreibweise. Für uns strahlt das etwas Natürliches, Elegantes und zugleich sehr Designtypisches aus. Das Logo und die ganze Gestaltung haben wir daran angelehnt - das Stiegenhaus ist bei uns also mehr als nur ein Ort, es ist Teil der Identität.
Wenn ihr euer Hotel in drei Worten beschreiben müsstet - welche wären das und warum?
Eine andere Welt. Denn genau das hören wir oft von unseren Gästen: Dass sie das Gefühl haben, in eine andere Welt einzutauchen, sobald sie durch unsere Türen treten. Inmitten des kleinen Dorfs Mühlbach entfaltet das stieg’nhaus ein mediterranes Flair, eine ruhige, ästhetisch durchkomponierte Atmosphäre. Die Räume greifen das Design des Stiegenhauses auf – mit geschwungenen Wänden, Messing-Armaturen, massivem Stein. Für uns ist es die Verwirklichung eines Lebenstraums, für den wir hart gearbeitet und einiges durchgestanden haben.
Im Salzburger Land gibt es viele Boutique-Hotels. Wie nehmt ihr die Wettbewerbssituation wahr und was macht ihr, um hervorzustechen?
In unserer Größe und Ausrichtung gibt es aktuell keinen direkten Wettbewerb. Die meisten Hotels sind deutlich größer. Wir sind eher wie ein Privathaus oder Chalet – sehr individuell. Inspiriert haben uns Häuser wie das Wiesergut in Saalbach, wo wir auch während unserer Hochzeit waren. Es hebt sich ab - durch Qualität, Stil und Individualität. Auch das eriro in Tirol mit nur neun Zimmern ist besonders, obwohl es nicht im Salzburger Land liegt. Dort waren wir selbst schon und sind in gutem Austausch mit Henning, dem General Manager.
Was bedeutet für euch echte Zufriedenheit im Gästebereich und wie schafft ihr dieses besondere Erlebnis?
Für uns bedeutet echte Zufriedenheit, dass man sich verstanden und respektvoll behandelt fühlt. Viele Dinge wie Design, Lage oder Ausstattung gibt es auch anderswo. Aber was wirklich bleibt, ist das Gefühl, das man erlebt - und die Menschen, die dieses Gefühl ermöglichen. Wir setzen auf Großzügigkeit, persönliche Kommunikation und viele durchdachte Details: inkludierte Minibar, Dyson-Produkte, kleine Geschenke im Beautykühlschrank oder individuelle Reiseberatung. Auch im Restaurant steht der persönliche Kontakt im Vordergrund. Wir bieten Exklusivbuchungen an, stimmen Menüs individuell ab und begleiten unsere Gäste auch bei Aktivitäten - das macht den Unterschied.
Was versteht ihr unter einem unabhängigen Hotel - und wie lebt das stieg’nhaus diese Unabhängigkeit?
Wir stehen komplett auf eigenen Beinen - nur Tom und ich. Keine Kette, kein Konzern. Anfang 2024 haben wir unsere eigene Firma gegründet, das stieg’nhaus ist unser erstes Projekt. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Teil der Design Hotels Community zu werden, weil wir dort Gleichgesinnte finden und unser Haus in der passenden Zielgruppe platzieren können. Trotzdem bleiben wir unserer Linie treu. Kompromisse möchten wir ungern machen - denn echte Unabhängigkeit bedeutet für uns auch: frei in Entscheidungen zu sein.
Wie entwickelt ihr euer kulinarisches Angebot und wählt Partner aus, um die besondere Atmosphäre zu unterstreichen?
Zum Start hatten wir einen kulinarischen Berater, mit dem wir unsere Küchenlinie entwickelt haben. Im Januar haben wir zwei Kandidaten für den Küchenchefposten eingeladen und eine Cooking-Competition gemacht. Benjamin, unser jetziger Küchenchef, hat uns absolut überzeugt. Die Gäste sind begeistert. Wir starten bewusst mit einer kleinen Auswahl und entwickeln unser Angebot ständig weiter. Das Konzept ist stark an der Natur orientiert. Casual Fine Dining beschreibt unsere Ausrichtung gut - aufmerksam, aber ungezwungen. Ein Highlight ist unser Original-„Feuerring“ von Andreas Reichlin auf der Terrasse - eine Mischung aus Skulptur und Kochstelle. Unsere Gäste können dort unter Anleitung selbst Speisen zubereiten und einen besonderen Abend erleben.
Welche großen Herausforderungen, aber auch Chancen seht ihr aktuell für unabhängige Hotels in der DACH-Region?
Große Herausforderungen sind die hohen Baukosten, der Überfluss an Hotelangeboten und die gezielte Ansprache der richtigen Zielgruppe. Unabhängige Häuser haben natürlich andere Ressourcen als große Ketten. Aber genau das ist auch unsere Stärke: Wir können schnell Entscheidungen treffen, flexibel reagieren, mit dem Flow gehen. Diese Beweglichkeit hat uns in den letzten Jahren oft geholfen und führt immer wieder zu guten, überraschenden Ergebnissen.
Was fasziniert euch besonders an der Hotellerie und welche Pläne und Visionen habt ihr für die Zukunft des stieg’nhaus?
Es macht einfach Spaß. Wir lieben es, etwas zu kreieren - und zu sehen, wie Gäste sich wohlfühlen. Wir mögen es, Dinge anders zu denken, neue Ideen umzusetzen. Unsere Vorstellung von Hotellerie rückt den privaten Moment, das persönliche Erleben in den Mittelpunkt. Für das stieg’nhaus wünschen wir uns zufriedene Gäste und dass wir Impulse setzen, die über unser Haus hinauswirken. Es gibt noch viele Ideen für die Zukunft, und wenn die Zeit reif ist, setzen wir sie um.
Solltet ihr dabei sein – was erwartet ihr euch von der Independent Hotel Show Munich 2025?
Letztes Jahr hätten wir gern teilgenommen, aber die Umbauphase ließ es nicht zu. Umso mehr freuen wir uns, dass ihr diesmal auf uns zugekommen seid - beim nächsten Mal sind wir auf jeden Fall dabei. Wir freuen uns auf eine Community mit einem offenen, inspirierenden Mindset und den Austausch mit Menschen, die ähnliche Werte teilen.